Beiträge zur Regionalgeschichte und Genealogie des Marzdorfer Landes

Der Schmikowski’sche Freikossätenhof (Teil 1)

Grundbuch Marzdorf Band 1, Blatt Nr. 2 (1782-1904)

Der zweite Beitrag in der Serie über den Bestand an historischen Grundakten im Archiwum Państwowe in Köslin beschäftigt sich mit dem Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nummer 2, das auf 244 Blättern den Freikossätenhof der Familie Schmikowski in Marzdorf handelt1Amtsgericht Märkisch Friedland: Grundbuch Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Laufzeit 1782-1904, Signatur 26/112/0/3/160 im Archiwum Państwowe Koszalin. Der Originaltitel auf dem Aktendeckel lautet: Grund und Hypothequen Beilage Acten des von Grabskischen Patromial Gerichts der Martzdorffschen Güter betreffend den hypothequarischen Zustand des im Dorfe Martzdorff unter der Nummer Ⅱ belegenen Koßätenhof nebst Zugehörigen des Possessors Johann Schmikowski. – Der Familienname wird in der Akte auch Smikoski, Schmikowsky oder Schmikoski geschrieben. Das Digitalisat kann von registrierten Benutzern auf metryki.genbaza.pl eingesehen werden.. Das Grundbuch ist so reich an Informationen, dass dieser Beitrag in zwei Teilen erscheinen muss.

Das älteste Dokument in der Akte ist das Privileg, das Andreas Joseph auf Tütz Tuczynski, der letzte Erbherr aus dem Geschlecht der Wedel, am 30. März 1717 für Martin Schmikowski ausstelle. Die Gerechtsame, die den Kauf eines »Kossäten-Ackers« in Marzdorf bestätigt, ist in zwei Übertragungen aus dem Polnischen vorhanden. Die erste erstellte der interpres juratus Schievelbein in Tütz 1762 für »Johann Schmikosken zu Marzdorf«2Grundbuch Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Blatt 20 VS bis 20 RS.; die zweite wurde am 30. November 1820 vom Marzdorfer Pfarrer Michael Gramse verfasst3Ebenda, Blatt 94 VS.. Da die Urkunde bislang nicht bekannt war, folgt hier der Wortlaut in der beglaubigten Übersetzung Gramses:

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Anmerkungen:

  • 1
    Amtsgericht Märkisch Friedland: Grundbuch Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Laufzeit 1782-1904, Signatur 26/112/0/3/160 im Archiwum Państwowe Koszalin. Der Originaltitel auf dem Aktendeckel lautet: Grund und Hypothequen Beilage Acten des von Grabskischen Patromial Gerichts der Martzdorffschen Güter betreffend den hypothequarischen Zustand des im Dorfe Martzdorff unter der Nummer Ⅱ belegenen Koßätenhof nebst Zugehörigen des Possessors Johann Schmikowski. – Der Familienname wird in der Akte auch Smikoski, Schmikowsky oder Schmikoski geschrieben. Das Digitalisat kann von registrierten Benutzern auf metryki.genbaza.pl eingesehen werden.
  • 2
    Grundbuch Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Blatt 20 VS bis 20 RS.
  • 3
    Ebenda, Blatt 94 VS.

Der Kluck’sche Bauernhof in Marzdorf

Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 1 (1831-1888)

Für das Portal metryki.genbaza.pl hat Leszek Ćwikliński in diesem Herbst Grundbücher aus dem früheren Bestand des Amtsgerichts Märkisch Friedland digitalisiert, die heute im Archiwum Państwowe in Köslin verwahrt werden. Es handelt sich dabei um Aktenbestände, die das Gericht einst selbst ins Archiv aussonderte, weil die behandelten Grundstücke durch Verkauf, Zusammenlegung oder Parzellierung in der früheren Form nicht mehr bestanden. Unter den digitalisierten Büchern befinden sich zehn aus Brunk, zehn aus Königsgnade, 53 aus Marzdorf und vier aus Neu Prochnow. Da die Grundbücher eine Vielzahl an Informationen zur regionalen Wirtschafts- und Familiengeschichte enthalten, werde ich mich mit ihnen an dieser Stelle ausgiebiger befassen. Den Anfang macht dabei das Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 11Amtsgericht Märkisch Friedland: Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 1, Laufzeit 1831-1888, Signatur 26/112/0/3/159 im Archiwum Państwowe Koszalin. Der Original-Aktentitel lautet: Acten des Patrimonial Gerichts Marzdorf betreffend den hypothekarischen Zustand des im Dorfe Marzdorf belegenen, durch die Auseinandersetzung mit dem Gutsherrn eigenthümlich gewordenen, im Hypothekenbuche der Marzdorfschen bäuerlichen Grundstücke sub Nro I verzeichneten Bauernhofes. Hier ist der Link zum Digitalisat, das aber nur für registrierte Benutzer von metryki.genbaza.pl sichtbar ist., das auf 290 Blättern eine besonders tragische Geschichte erzählt.

Das älteste Dokument in der Akte ist ein Regulirungs- und Separations-Rezeß, der am 5. April 1826 in Marzdorf zwischen dem Gutsbesitzer Kalixtus v. Grabski und Stenzel Kluck abgeschlossen wurde2A. a. O., Blatt 17 bis 23. Der Vertrag stellt einen Sonderfall dar, denn eigentlich hatte die Regulierung der gutsherrschaftlichen und bäuerlichen Verhältnisse in Marzdorf schon im Jahr 1817 begonnen und war am 7. August 1822 durch die gerichtliche Vollziehung zum Abschluss gebracht worden3Ebenda, Blatt 17.. In diesem Verfahren, das die Dienstbauern und Kossäthen des Dorfes erstmals zu »erblichen Besitzern ihrer inhabenden Nahrungen«4Ebenda. machte, fand die Familie Kluck jedoch keine Erwähnung, denn Kalixtus von Grabski hatte den Dienstbauernhof, den Martin Kluck für das Rittergut bewirtschaftete, im August 1808 eingezogen und dem Schullehrer Lorenz Neumann »eigenthümlich überlaßen«5Ebenda. – Mehr zum Schullehrer Lorenz Neumann und seinem Sohn Johann findet sich hier..

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Anmerkungen:

  • 1
    Amtsgericht Märkisch Friedland: Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 1, Laufzeit 1831-1888, Signatur 26/112/0/3/159 im Archiwum Państwowe Koszalin. Der Original-Aktentitel lautet: Acten des Patrimonial Gerichts Marzdorf betreffend den hypothekarischen Zustand des im Dorfe Marzdorf belegenen, durch die Auseinandersetzung mit dem Gutsherrn eigenthümlich gewordenen, im Hypothekenbuche der Marzdorfschen bäuerlichen Grundstücke sub Nro I verzeichneten Bauernhofes. Hier ist der Link zum Digitalisat, das aber nur für registrierte Benutzer von metryki.genbaza.pl sichtbar ist.
  • 2
    A. a. O., Blatt 17 bis 23
  • 3
    Ebenda, Blatt 17.
  • 4
    Ebenda.
  • 5
    Ebenda. – Mehr zum Schullehrer Lorenz Neumann und seinem Sohn Johann findet sich hier.

Lubsdorf in der Gebäudesteuerrolle von 1897

Im Herbst des vergangenen Jahres digitalisierte Leszek Ćwikliński im Archiwum Państwowe w Koszalin einen umfangreichen Bestand an Grundsteuerakten des Katasteramts in Deutsch Krone, der inzwischen für registrierte Nutzer der Plattform metryki.genbaza.pl zugänglich ist. Unter den Akten befindet sich auch eine Gebäudesteuerrolle von Lubsdorf, die ursprünglich im Jahre 1897 angelegt und bis 1909 fortgeschrieben wurde. Im Archiv in Köslin trägt die Rolle die Signatur 26/75/0/1/16, auf Genbaza ist sie (für registrierte Nutzer) hier zu finden. Ich habe die Namen und die wichtigsten Angaben aus der Gebäudesteuerrolle in eine Tabelle übernommen, die einen Einblick in die sozialen Verhältnisse in Lubdorf an der Wende zum 20. Jahrhundert gibt. Leider sind ähnliche Rollen für Brunk, Königsgnade und Marzdorf nicht überliefert.

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Im Herbst des vergangenen Jahres digitalisierte Leszek Ćwikliński im Archiwum Państwowe w Koszalin einen umfangreichen Bestand an Grundsteuerakten des Katasteramts in Deutsch Krone, der inzwischen für registrierte Nutzer der Plattform metryki.genbaza.pl zugänglich ist. Unter den Akten befindet sich auch eine Gebäudesteuerrolle von Lubsdorf, die ursprünglich im Jahre 1897 angelegt und bis 1909 fortgeschrieben wurde. Im Archiv in Köslin trägt die Rolle die Signatur 26/75/0/1/16, auf Genbaza ist sie (für registrierte Nutzer) hier zu finden. Ich habe die Namen und die wichtigsten Angaben aus der Gebäudesteuerrolle in eine Tabelle übernommen, die einen Einblick in die sozialen Verhältnisse in Lubdorf an der Wende zum 20. Jahrhundert gibt. Leider sind ähnliche Rollen für Brunk, Königsgnade und Marzdorf nicht überliefert.

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Die Gestapo in Marzdorf

Der nachfolgende Bericht stammt aus dem Nachlass des Lehrers Hubert Rehbronn (1888-1976), der von 1913 bis 1945 an der katholischen Volksschule in Tütz unterrichtete. Hubert Rehbronn war ein Bruder des Marzdorfer Pfarrers Leo Rehbronn, der seit April 1935 zusammen mit einem weiteren Bruder – Richard Rehbronn – und der Schwester Hedwig im Pfarrhaus von Marzdorf lebte. Formal behandelt der Bericht einen angeblichen Verstoß gegen den Flaggenvererlass vom 12. März 1933, mit dem Reichspräsident Paul von Hindenburg verfügte, an offiziellen Feiertagen die Hakenkreuzflagge neben der schwarz-weiß-roten Flagge des Reiches zu hissen. Auch Kirchen unterlagen dieser Beflaggungspflicht, die von Fall zu Fall polizeilich angeordnet und kontrolliert wurde. Natürlich war die Frage der Flagge nur ein Symptom für den totalitären Anspruch der nationalsozialistischen Diktatur. Es ging darum, alle konkurrierenden Organisationen auszuschalten und dass gesamte gesellschaftliche Leben zu bestimmen. Als konkurrierende Organisation galt – gerade in den katholischen Gebieten des Kreises Deutsch Krone – auch die katholische Kirche.1Der Bericht von Hubert Rehbronn wird hier erstmals nach dem Typoskript veröffentlicht, das sich im Besitz von Ursula und Gottlieb Koltermann befindet. Beiden gilt mein herzlicher Dank.

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Anmerkungen:

  • 1
    Der Bericht von Hubert Rehbronn wird hier erstmals nach dem Typoskript veröffentlicht, das sich im Besitz von Ursula und Gottlieb Koltermann befindet. Beiden gilt mein herzlicher Dank.

Die Herrschaft Marzdorf bis 1810

Die Brüder Onufry und Kalikst Grabski, die sich seit 1802 im Besitz von drei Vierteln der Herrschaft Marzdorf befanden, waren zwar bereits am 26. Februar 1803 bzw. am 4. Mai 1804 großjährig geworden1Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 332., aber diese Tatsache wurde vom Pupillen Collegium in Posen erst im Juni 1805 bemerkt. Grund für die Verzögerung waren unterschiedliche Großjährigkeitsregeln in den preußischen Provinzen: Während in Südpreußen – wie das Posener Land damals hieß – die Majorennität mit dem 24. Lebensjahr erreicht wurde, war das in Westpreußen mit dem 21. Lebensjahr der Fall. Die Brüder Grabski lebten zwar in Südpreußen, hatten aber Besitz in Westpreußen, und da »niemand zugleich majorenn und minorenn seyn kann«2A. a. O., Blatt 330. entschied die Regierung in Berlin am 22. Juni 1805 sie in beiden Provinzen für großjährig zu erklären.

Die beiden Brüder hielten sich zu dieser Zeit in Halle an der Saale auf, wo sie sich im Mai 1803 an der Universität eingeschrieben hatten, um »Cameralia zu Ihrem Vergnügen«3Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7. Siehe dazu auch meine biographische Skizze über Kalixtus von Grabski hier. zu studieren. Als Heimatort hatten die Brüder bei der Immatrikulation Neustadt an der Warthe (heute: Nowe Miasto nad Wartą) angegeben und als Vormund »Maximilian von Grabski in Neustadt/Jabkowo«4Ebenda. benannt. Vermutlich setzten Onufry und Kalikst Grabski ihr Studium in Halle fort, bis im Oktober 1806 die Truppen Napoleons die Stadt besetzten und der Studienbetrieb zum Erliegen kam.

Immatrikulation der Gebrüder Grabski in Halle im Mai 1805.
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Anmerkungen:

  • 1
    Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 332.
  • 2
    A. a. O., Blatt 330.
  • 3
    Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7. Siehe dazu auch meine biographische Skizze über Kalixtus von Grabski hier.
  • 4
    Ebenda.

Die Erbschaftswirren 1782-1802 – Teil II

Der erste Teil dieser Arbeit behandelt die Erbauseinandersetzung um die Herrschaft Marzdorf, die im Juni 1782 mit dem Tod von Franciszka Krzycka einsetzte. Im Februar 1788 konnte deren Tochter Eleonora Wyganowska Marzdorf in einer öffentlichen Versteigerung erwerben, musste den Erwerb jedoch anschließend in einem Prozess gegen ihren Schwager, den Grafen Sigismund von Grudna-Grudzinski, behaupten. Als Eleonora Wyganowska im Februar 1795 starb, begann ein neuerlicher Erbstreit, der bis 1802 andauerte.

Anders als ihre Mutter hatte Eleonora Wyganowska ein Testament hinterlassen, das am 28. April 17951Eine zweisprachige Abschrift des Testaments und das Protokoll der Eröffnung findet sich in Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 230-236. in Bromberg vor dem Kriminalrat und Justizkommissar Johann Christoph Krakau2Krakau, vormals Richter und Stadtschreiber im sächsischen Liebstadt, wurde am 2. November 1772 zum Mandatarius fisci und Kriminalrat in Bromberg ernannt. (Max Bär: Westpreußen unter Friedrich dem Großen, Bd. 1, Leipzig 1909, S. 128.) Im preußischen Staatshandbuch für das Jahr 1796 war er (auf Seite 199) immer noch als »Criminalrath« in Bromberg aufgeführt, aber vor 1799 ebenda verstorben. eröffnet wurde. Krakau war der langjährige Rechtsbeistand der Verstorbenen; er hatte sie im Verfahren gegen den Grafen Grudna-Grudzinski vertreten und am 31. August 1787 bei der Niederschrift des Testaments als Curatus sexus mitgewirkt. Beim Testament handelte sich um ein gegenseitiges Vermächtnis der Eheleute; das Dokument war in polnischer Sprache abgefasst, eigenhändig unterschrieben, mehrfach besiegelt und enthielt »theils eine Disposition der v. Wyganowska […] theils eine Disposition des Anton Lodzia v. Wyganowski«. Der Gerichtsinterpretator Meckien fertigte nach der Verlesung eine Übersetzung ins Deutsche.

Erste Seite des Testaments von Eleonora Wyganowska
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Anmerkungen:

  • 1
    Eine zweisprachige Abschrift des Testaments und das Protokoll der Eröffnung findet sich in Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 230-236.
  • 2
    Krakau, vormals Richter und Stadtschreiber im sächsischen Liebstadt, wurde am 2. November 1772 zum Mandatarius fisci und Kriminalrat in Bromberg ernannt. (Max Bär: Westpreußen unter Friedrich dem Großen, Bd. 1, Leipzig 1909, S. 128.) Im preußischen Staatshandbuch für das Jahr 1796 war er (auf Seite 199) immer noch als »Criminalrath« in Bromberg aufgeführt, aber vor 1799 ebenda verstorben.

Die Erbschaftswirren 1782-1802

Als die letzte Erbherrin von Marzdorf, Gräfin Franciszka von Kottwitz-Krzycka, geborene Skoroszewska, am 27. Juni 1782 in Iwno bei Kostrzyn starb, begann eine Zeit der Erbschaftswirren, die rund zwei Jahrzehnte andauerte. Die Gräfin hinterließ ihren Erben zwar weit über 10.000 Hektar Landbesitz in den großpolnischen Bezirken Rawicz und Poznań und im preußischen Netzedistrikt, aber sie hinterließ kein Testament und keine Regelung zur Erbteilung.

Die Erben waren die beiden Söhne Onufry und Józef Krzycki, die Tochter Eleonora Józefata, verehelichte Grudzińska, sowie die beiden minderjährigen Kinder der bereits verstorbenen Tochter Teresa Katarzyna, ebenfalls verehelichte Grudzińska, Antoni und Józefa. Eleonora und Teresa Krzycka hatten die beiden Brüder Adam Józef und Zygmunt Ignacy Ksawery Grudziński geheiratet, der erstere war aber bereits 1779 verstorbenen. Auch der um 1760 geborene Józef Krzycki galt noch als minorenn, denn er lebte in Polen, wo die volle Großjährigkeit erst mit Erreichen des 30. Lebensjahres erreicht wurde.

Der dickste Brocken in der Hinterlassenschaft der Gräfin war zweifellos die Herrschaft Marzdorf, die damals mit Brunk, Dreetz, Lubsdorf, Mellentin, Ruschendorf, Stibbe und Strahlenberg allein etwa 8.500 Hektar1Der gesamte Besitz war zu jener Zeit noch unvermessen; die Größen werden näherungsweise nach dem General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in Norddeutschland, Band IV (Westpreußen), Berlin 1872 und dem Adressbuch des Grundbesitzes im Großherzogthum Posen, Berlin 1872 angegeben. maß. Hinzu kamen in Großpolen die kleineren Gutskomplexe um Iwno (rund 1.500 Hektar) sowie um Sielec bei Jutrosin – zu dem auch Groß Łęka, Osiek, Wilkonice und Zaorle gehörten – mit insgesamt etwa 3.000 Hektar. Den Gesamtwert des Besitzes in Großpolen schätzte Onufry Krzycki 1782 auf 240.000 polnische Gulden2Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 18., also 80.000 preußische Taler. Den Marzdorfer Besitz veranschlagte er auf 109.000 Taler3Ebenda, Blatt 16.. Selbst wenn diese Angaben zu hoch gegriffen waren, galt es jedenfalls ein Vermögen zu verteilen.

Kirchenbuchauszug über den Tod von Franciszka Krycka, die 1788 im Alter von etwa 55 Jahren in Iwno verstarb und in der Kirche des Reformaten-Klosters in Görchen begraben wurde.
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Anmerkungen:

  • 1
    Der gesamte Besitz war zu jener Zeit noch unvermessen; die Größen werden näherungsweise nach dem General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in Norddeutschland, Band IV (Westpreußen), Berlin 1872 und dem Adressbuch des Grundbesitzes im Großherzogthum Posen, Berlin 1872 angegeben.
  • 2
    Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 18.
  • 3
    Ebenda, Blatt 16.

Die Herrschaft Marzdorf im Jahr 1782 – Teil Ⅱ

Im Jahr 1782 begann der preußische Staat mit der Einrichtung des ritterschaftlichen Hypothekenwesens für den Marzdorfer Güterkomplex. In Teil Ⅰ dieser Arbeit gab ich ein umfangreiches Dokument wieder, das Onuphrius von Krzycki am 25. Oktober 1782 dem westpreußische Hofgericht in Bromberg übersandte, um den Umfang und die Eigentumsverhältnisse des Marzdorfer Besitzes darzulegen. Bereits am 28. Oktober 1782 forderte das Hofgericht die Kreis-Justiz-Kommission in Schneidemühl auf, »binnen 3 Wochen«1Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 9. vor Ort weitere Informationen einzuholen.

In Schneidemühl war der Kreis-Justiz-Actuarius Christoph Zacha (1757-1813) mit der Angelegenheit befasst. Zacha wurde als Sohn eines Kürschnermeisters in Saalfeld [heute: Zalewo] im Kreis Mohrungen geboren, hatte das Gymnasium in Elbing sowie die Universität in Königsberg besucht und erlebte nach 1778 in der preußischen Bürokratie – auch aufgrund seiner polnischen Sprachkenntnisse – einen raschen Aufstieg, in dessen Folge er 1790 nobilitiert wurde2Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740-1806/15, München 2009, S. 1134. – Straubel datiert den Eintritt Zachas in die Schneidemühler Kreis-Justiz-Kommission irrtümlich erst auf das Jahr 1784.. In einem Schreiben vom 10. November 1782 setzte Zacha einen Ortstermin auf den 19. November in Marzdorf an:

»Vigore Commissionis Eines Königl. West Preuß. Hof Gerichts mache ich denen Erben der verstorbenen Frau Castellanin von Kottwitz Krzyka geborene von Skorzewska hierdurch bekannt, daß ich zur Regulirung des Hypothequen Wesens deren Matzdorffschen3Zacha schrieb in den Akten grundsätzlich Matzdorff, der ortsansässige Administrator Polzin hingegen Marzdorf. In dem unten zitierten Protokoll findet sich nur zu Beginn die Schreibweise Matzdorff, im weiteren Verlauf schrieb Protokollführer Müller durchgängig Martzdorff. Güter Terminium auf den 19ten November d. J. zu Matzdorf angesezet habe. – An diesem Tage werden sämtliche Erben der genannten Defuncta in bestimmten Orte sich einfinden und über folgende Umstände ausführliche und bestimmte Data angegeben […]«4Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 19.

Im Folgenden listete Zacha neun Punkte auf, zu denen er »Assignationes und Relationes, […] Quittungen über gezahlte Kaufgelder, Testamente, Decrete und Testate, Ordinationes familiarum […], Renuntiations-Acten […], Schuld-Verschreibungen, Cautiones, Notate« und sonstige Dokumente »sorgfältig geordnet«5A. a. O., Blatt 20. verlangte. Die einzelnen Punkte umfassten die Besitzrechte und die Nutzung der Güter, aber auch bestehende Versicherungen, Verpflichtungen und etwaige Stiftungen, die auf ihnen lasteten.

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Anmerkungen:

  • 1
    Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156, Blatt 9.
  • 2
    Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740-1806/15, München 2009, S. 1134. – Straubel datiert den Eintritt Zachas in die Schneidemühler Kreis-Justiz-Kommission irrtümlich erst auf das Jahr 1784.
  • 3
    Zacha schrieb in den Akten grundsätzlich Matzdorff, der ortsansässige Administrator Polzin hingegen Marzdorf. In dem unten zitierten Protokoll findet sich nur zu Beginn die Schreibweise Matzdorff, im weiteren Verlauf schrieb Protokollführer Müller durchgängig Martzdorff.
  • 4
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 19.
  • 5
    A. a. O., Blatt 20.

Die Herrschaft Marzdorf im Jahr 1782

Vorbemerkung

Im März 1777 begann der preußische Staat im neu »aquirierten« Netzedistrikt mit der Einrichtung des ritterschaftlichen Hypothekenwesens, die ein Jahrzehnt später mit der Gründung der Westpreußischen Landschaft ihren Abschluss fand. Die Maßnahme geschah im Interesse des grundbesitzenden Adels, der damit rechtsverbindliche Besitztitel und staatlich abgesicherten Zugang zu zinsstabilen Krediten erhielt. Im Archiwum Państwowe in Köslin wird eine umfangreiche Akte des Amtsgerichts Märkisch Friedland verwahrt, die ursprünglich vom westpreußischen Hofgericht in Bromberg geführt wurde1Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156.. Die Akte behandelt die Einrichtung des Hypothekenwesens in der Herrschaft Marzdorf in den Jahren 1782 bis 1810 und ist eine wertvolle Quelle zur Lokal- und Reginalgeschichte des Deutsch Kroner Landes.

Marzdorf gehörte zu den vielen kleineren Herrschaften im Netzedistrikt, die ihren Besitzern »gegen vier bis sechs Tausend Thaler«2August Karl Holsche: Der Netzdistrikt ein Beytrag zur Länder- und Völkerkunde mit statistischen Nachrichten, Königsberg 1793, S. 209f. pro Jahr einbrachten und zwischen 100.000 und 150.000 Taler Wert waren. Bereits am 27. März 1777 hatte die Besitzerin der Herrschaft, Franciszka z Skoroszewskich Krzycka, ihrem Administrator Andreas Polzin eine umfassende Vollmacht zur »Einrichtung und Beantwortung der Puncten des Hypothequen-Wesens meiner Marzdorfschen Güter«3Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 29. erteilt. Franciszka von Krzycka lebte selbst nicht in Marzdorf; sie besaß mehrere weiteren Gutsherrschaften in Polen, in denen sie sich meist aufhielt. Die eigentliche Hypothekenakte beginnt am 25. Oktober 1782 als ihr Sohn Onuphrius von Krzycki dem Hofgericht in Bromberg mitteilte, seine Mutter sei »im Julio in Pohlen«4Laut Totenschein starb Franciszka von Krzycka am 25. Juni 1782 in Iwno im Posener Land. Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 121. verstorben, und »allerunterthänigst« um die »Bewilligung des Hypothequen Wesens« und des »Titulum Possessionis« für die »Marzdorfschen Erbgüter«5Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 10 u. 11. bat. Seinem Brief legte von Krzycki eine umfangreiche Schilderung der Verhältnisse in Marzdorf 6Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 12 bis 18. bei, die vermutlich Administrator Polzin erstellt hatte, und die ich im Folgenden wortgetreu wiedergebe.

Titelblatt der Hypotheken-Akte
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Anmerkungen:

  • 1
    Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156.
  • 2
    August Karl Holsche: Der Netzdistrikt ein Beytrag zur Länder- und Völkerkunde mit statistischen Nachrichten, Königsberg 1793, S. 209f.
  • 3
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 29.
  • 4
    Laut Totenschein starb Franciszka von Krzycka am 25. Juni 1782 in Iwno im Posener Land. Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 121.
  • 5
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 10 u. 11.
  • 6
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 12 bis 18.

Kalixtus von Grabski 1783-1835

Teil 3 – Weiteres Unglück und früher Tod

Kalixtus von Grabski war als Nachfahre der Tützer Wedel (Wedel-Tuczyński) der letzte Erbherr der Herrschaft Marzdorf. Teil 1 dieser biografischen Skizze behandelt sein Leben bis ins Jahr 1818; Teil 2 berichtet vom Verlust der Marzdorfer Güter, die nach der Zwangsversteigerung im Sommer 1833 an Carl Friedrich Kloer fielen.

Nach dem Johannistag 1833 übersiedelte Kalixtus von Grabski mit seiner Familie nach Tütz, wo Carl von Hartmann, ein Bruder seiner Frau, noch einen kleinen Besitz von »14 Morgen Sandboden«1E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 9. besaß. Grabski kam jedoch nicht bei diesem Verwandten unter, sondern mietete sich in »dem Johann Hagen seinem Haus«2Johannes Dreger: Als einst das Großfeuer in Tütz wütete. In: Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief, Nr. 10, Oktober 1957, S. 11. ein, das gegenüber der jüdischen Synagoge in der Stadtmitte lag.

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Anmerkungen:

  • 1
    E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 9.
  • 2
    Johannes Dreger: Als einst das Großfeuer in Tütz wütete. In: Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief, Nr. 10, Oktober 1957, S. 11.

Kalixtus von Grabski 1783-1835

Teil 2 – Der Verlust der Marzdorfer Güter

Kalixtus von Grabski war als Nachfahre der Tützer Wedel (Wedel-Tuczyński) der letzte Erbherr der Herrschaft Marzdorf. Teil 1 dieser biografischen Skizze behandelt sein Leben bis ins Jahr 1818. Nach dem Ende der napoleonischen Kriege hatte Grabski Ernestine von Hartmann geheiratet und sich als Gutsherr in Marzdorf niedergelassen.

Grabskis Hauptprojekt in jenen Jahren war die Modernisierung des Marzdorfer Guts, wozu notwendigerweise die Durchführung der Bauernbefreiung gehörte. Nach eigener Aussage war Grabski »einer der ersten in hiesiger Provinz, der im Jahre 1814 auf die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse anfrug«1Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 64.. Da das Regulierungs-Edikt vom September 1811 aber erst im Mai 1816 um eine Ausführungsdeklaration ergänzt wurde, verschob sich der Prozeß der Auflösung der feudalen Bindungen in Marzdorf bis in den Januar 1817. Eine detailreiche Schilderung der Umsetzung findet sich in der Pfarrchronik von Marzdorf2E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 10-15..

Grabski hatte sich entschlossen, das Gut und die Bauernwirtschaften in seiner Herrschaft räumlich zu trennen; er erbaute daher ein komplettes neues Dorf »aus 25 Bauerngehöften mit 30 Feuerstellen und beinahe 100 Gebäuden bestehend« auf der offenen Feldmark. Er nannte das Dorf, das »zu den schönsten in der Provinz gezählt werden mag«, Königsgnade, »in dem Vertrauen, daß die Gnade meines Allerdurchlauchtigsten Königs und Herren es mir möglich machen werde, mich dereinst der Früchte dieser Anlage zu erfreuen«3Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832, a. a. O., Blatt 64 Rückseite.. Pfarrer Krefft argwöhnte in der Pfarrchronik hinter der Aussiedlung der Marzdorfer Bauern den Einfluss von Ernestine von Grabski, die als »glühende Protestantin allen katholischen Bauern befahl, an die Grenzen des Gutes zu ziehen«4Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 9. – aber das ist kaum mehr als eine Unterstellung. Ablösung und Austuung waren die beiden Grundprinzipien der Eigentumsverleihung in Preußen; eine Trennung von Gutsbetrieb und bäuerlichen Wirtschaften machte ökonomisch Sinn und wurde auf vielen anderen Gütern ebenso durchgeführt5Interessant ist in diesem Zusammenhang die Darstellung der Herrschaft Groß Bellschwitz, die der Familie von Brünneck gehörte, in Benno Martiny: Fünfzig Jahre der Landwirthschaft Westpreußens. 1872, S. 120., S 285-306.. Ein Beispiel findet sich gleich in der unmittelbaren Nachbarschaft: Auch der Besitzer von Prochnow, Landrat von Germar, siedelte die freigewordenen Bauern seines Gutes im Verlauf der 1820er Jahre in das neugegründete Neu-Prochnow aus6Sigfrid Schneider: Die geographische Verteilung des Großgrundbesitzes im östlichen Pommern und ihre Ursachen, Leipzig 1942, S. 47..

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Anmerkungen:

  • 1
    Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 64.
  • 2
    E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 10-15.
  • 3
    Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832, a. a. O., Blatt 64 Rückseite.
  • 4
    Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 9.
  • 5
    Interessant ist in diesem Zusammenhang die Darstellung der Herrschaft Groß Bellschwitz, die der Familie von Brünneck gehörte, in Benno Martiny: Fünfzig Jahre der Landwirthschaft Westpreußens. 1872, S. 120., S 285-306.
  • 6
    Sigfrid Schneider: Die geographische Verteilung des Großgrundbesitzes im östlichen Pommern und ihre Ursachen, Leipzig 1942, S. 47.

Kalixtus von Grabski 1783-1835

Teil 1 – Jugend und Heirat

Der letzte Erbherr der Herrschaft Marzdorf verleitet zu vorschnellen Urteilen. Schon die Zeitgenossen – so der preußische Staatsmann Theodor von Schön – steckten ihn rasch in eine Schublade, in der ihn die Historiker des Deutsch Kroner Landes später endgültig fixierten. Sie alle schlossen vom Namen auf die Nationalität und von dieser auf die Gesinnung, die sie, je nach Standpunkt, negativ oder positiv werteten. Bei diesem Verfahren wurde aus dem letzten Erbherrn des Marzdorfer Guts entweder ein untüchtiger polnischer Gutsherr1K. Hunger: Geschichte des Dorfs Brunk. Semesterarbeit, Beuthen 1936, S. 45. oder aber ein polnischer antipreußischer Patriot2L. Bąk: Ziemia Wałecka w dobie reformacji i kontrreformacji w XVI–XVIII w. [Reformation und Gegenreformation im Deutsch Kroner Land vom 16. bis 18. Jahrhundert]. Piła 1999, S. 18..

Bei näherem Hinsehen ist jedoch schon die erste Stufe der angeblichen Kausalität nicht ganz trittfest. In den – im übrigen ausnahmslos deutschsprachigen – Briefen und Dokumenten, die vom letzten Marzdorfer Erbherrn überliefert sind, ist der Name keinesfalls eindeutig, denn sie weisen die folgenden Unterschriften auf: Im Jahr 1803 Maximilian Joseph Kalixt v. Grabski 3Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7., 1822 Kalixtus v. Grabsky4Dienstbrief für den Schullehrer Johann Neumann vom 17.07.1822, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin, Signatur HA XIV, Rep. 181, Nr. 8839, Seite 142., 1830 K. von Grabsky5Königl. Preußische Regierung zu Marienwerder: Acta das Hospital in Martzdorff betreffend. LDS-Film 008464556, S. 265., 1832 Kalixtus v. Grabski6Brief Grabskis an Friedrich-Wilhelm III., König von Preußen vom 3.04.1832, in: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 67 (Rückseite).. In der Todesnachricht im Deutschen Nekrolog von 1837, die zweifellos von der Familie initiiert war, wird er als Jos. Calixtus Maximil. Grabo v. Grabski7Neuer Nekrolog der Deutschen. [Hrsg.: Bernhard Friedrich Voigt], 13. Jahrgang: 1835, Zweyter Theil, Weimar (Voigt) 1837, S. 1217. bezeichnet. Eine polnische Schreibweise des Namens findet man erst in der Gegenwart; sie hat sich allerdings über das Internet durchgesetzt, wo der Name durchgängig Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski 8So bei S. J. Plewako: Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski. Internetadresse: http://www.grabski.plewako.pl/. Dieser Webseite wurden auch die genealogischen Angaben entnommen, die jedoch auch an anderer Stelle (z.B. https://www.sejm-wielki.pl/) zu finden sind. Plewako ist ein direkter Nachfahr von Kalixtus von Grabski. geschrieben wird.

Todesanzeige im »Neuen Nekrolog der Deutschen«, Januar 1835
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Anmerkungen:

  • 1
    K. Hunger: Geschichte des Dorfs Brunk. Semesterarbeit, Beuthen 1936, S. 45.
  • 2
    L. Bąk: Ziemia Wałecka w dobie reformacji i kontrreformacji w XVI–XVIII w. [Reformation und Gegenreformation im Deutsch Kroner Land vom 16. bis 18. Jahrhundert]. Piła 1999, S. 18.
  • 3
    Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7.
  • 4
    Dienstbrief für den Schullehrer Johann Neumann vom 17.07.1822, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin, Signatur HA XIV, Rep. 181, Nr. 8839, Seite 142.
  • 5
    Königl. Preußische Regierung zu Marienwerder: Acta das Hospital in Martzdorff betreffend. LDS-Film 008464556, S. 265.
  • 6
    Brief Grabskis an Friedrich-Wilhelm III., König von Preußen vom 3.04.1832, in: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 67 (Rückseite).
  • 7
    Neuer Nekrolog der Deutschen. [Hrsg.: Bernhard Friedrich Voigt], 13. Jahrgang: 1835, Zweyter Theil, Weimar (Voigt) 1837, S. 1217.
  • 8
    So bei S. J. Plewako: Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski. Internetadresse: http://www.grabski.plewako.pl/. Dieser Webseite wurden auch die genealogischen Angaben entnommen, die jedoch auch an anderer Stelle (z.B. https://www.sejm-wielki.pl/) zu finden sind. Plewako ist ein direkter Nachfahr von Kalixtus von Grabski.

St. Katharina und Marzdorf

Die Marzdorfer Pfarrkirche St. Katharina gehört zu den ältesten im Deutsch Kroner Land. Die heutige Kirche erbaute der Tützer Grundherr Christoph von Wedell im Jahre 1627; der Posener Bischof Adalbert Tholibowski konsekrierte sie 16601Geschichte der katholischen Kirchengemeinde Marzdorf auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher (AgOFf).. Mehrere Anbauten sind bekannt, so wurde die Kirche im Jahr 1910 durch eine Küsterei erweitert2Patronatslasten Marzdorf, Aufstellung in Acta der Königlich Preuss. Regierung in Marienwerder betreffend die Bauten bei der Schule in Königsgnade, Kreis Dt. Krone – 1887-1936, Archiwum Państwowe w Poznaniu Oddział w Pile, Signatur: 55/907/0/2.1.2.3/4585, unpaginiert..

Die heutige Kirche hatte gewiss mehrere Vorgängerbauten, denn bereits im Neumärkischen Landbuch von 1337 wird von einer »sehr alten Kirche« im damaligen Martinsdorp gesprochen und dem Ortspfarrer waren vier der 64 Hufen des Ortes zugeteilt3Georg Wilhelm von Raumer: Die Neumark Brandenburg im Jahre 1337, Berlin 1837, S. 105.. Ob auch die früheren Kirchenbauten der Heiligen Katharina geweiht waren, ist ungewiss, aber nach den Erkenntnissen der Kulturwissenschaftlerin Dagmar Jestrzemski sehr wahrscheinlich. Jastrzemski hat erforscht, dass das Stormaner Rittergeschlecht der von Wedel bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts die Heilige Katharina aus Alexandrien zur Familienpatronin erwählte. Das sogenannte Katharinenrad – eigentlich ein Richtrad – findet sich seit dieser Zeit in Wappen und Siegel der Familie4Dagmar Jestrzemski: Katharina von Alexandrien. Die Kreuzritter und ihre Heilige, Berlin (Lukas) 2010..

Siegel des Hinricus de Wedele um 1322 (Bildquelle: Wikipedia)
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Anmerkungen:

  • 1
    Geschichte der katholischen Kirchengemeinde Marzdorf auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher (AgOFf).
  • 2
    Patronatslasten Marzdorf, Aufstellung in Acta der Königlich Preuss. Regierung in Marienwerder betreffend die Bauten bei der Schule in Königsgnade, Kreis Dt. Krone – 1887-1936, Archiwum Państwowe w Poznaniu Oddział w Pile, Signatur: 55/907/0/2.1.2.3/4585, unpaginiert.
  • 3
    Georg Wilhelm von Raumer: Die Neumark Brandenburg im Jahre 1337, Berlin 1837, S. 105.
  • 4
    Dagmar Jestrzemski: Katharina von Alexandrien. Die Kreuzritter und ihre Heilige, Berlin (Lukas) 2010.

Die Schulzen

Dienstsiegel des Schulzenamts Königsgnade

An der Spitze der Landgemeinden im Deutsch Kroner Land stand traditionell ein Schulze, der als Mittelsmann zwischen Dorfbevölkerung und Gutsherrschaft fungierte. In der polnischen Zeit wurden die Pflichten und Rechte der Schulzen in individuell formulierten Privilegien festgelegt, die auf Lebenszeit galten und an Nachkommen vererbt werden konnten. Es sind aus jener Zeit zwei Schulzenprivilegien1Beide Privilegien befinden sich in den Klassifikationsanschlägen des Amtes Märkisch Friedland, die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz unter der Signatur II. HA GD, Abt. 9, Polizeiverwaltung Tit. 85, Nr. 7 verwahrt werden und nun auch online zugänglich sind. überliefert: Das für Christoph Boczanski auf dem Lubsdorfer Schulzengut Lubshof aus dem Jahr 17232Privileg in deutscher Sprache ausgestellt von Marianna von Tuczynska Radonska, a. a. O., Blatt 193 ff. und das für den Brunker Schulzen Jakob Polcyn aus dem Jahr 17663Privileg in polnischer Sprache ausgestellt von Antoni z. Krzycka Krzycki, a. a. O., Blatt 18 ff.. Beide Privilegien beinhalten lokale Ordnungsfunktionen und verpflichten die Schulzen zur bewaffneten Grenzverteidigung, unterscheiden sich sonst aber deutlich. Während der Brunker Schulze Polcyn die Bewirtschaftung des herrschaftlichen Guts und die Ablieferung von Steuern und Abgaben zu überwachen hatte, konnte Boczanski mehr oder minder frei wirtschaften, denn für Verwaltungsaufgaben war im Dorf ein zusätzlicher Lehnschulze eingesetzt.

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Anmerkungen:

  • 1
    Beide Privilegien befinden sich in den Klassifikationsanschlägen des Amtes Märkisch Friedland, die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz unter der Signatur II. HA GD, Abt. 9, Polizeiverwaltung Tit. 85, Nr. 7 verwahrt werden und nun auch online zugänglich sind.
  • 2
    Privileg in deutscher Sprache ausgestellt von Marianna von Tuczynska Radonska, a. a. O., Blatt 193 ff.
  • 3
    Privileg in polnischer Sprache ausgestellt von Antoni z. Krzycka Krzycki, a. a. O., Blatt 18 ff.

Czesław Piskorski und Marzdorf

Jantarowe Szlaki

Im Januar 1980 veröffentlichte Czesław Piskorski in der Zeitschrift Jantarowe Szlaki1Czesław Piskorski: Marcinkowice – jedna z siedzib rodu Wedlów-Tuczyńskich (Marzdorf – einer der Sitze der Familie Wedel-Tuczyński). In: Jantarowe Szlaki, Kwartalnik Turystiyczno-Krajonznawczy, Województw Północnych, Rok XXIII, Nr. 1 (175), Styczeń-Marzec 1980, S. 33 bis 37. eine umfangreiche Reportage über das Dorf »Marcinkowice in der Woiwodschaft Piła« – es handelt sich dabei um Marzdorf, dessen früherer Name freilich nirgends erwähnt wird. Jantarowe Szlaki (zu deutsch: Bernsteinpfade) war zu jener Zeit das viel gelesene Organ des polnischen Tourismusverbandes PTTK und Piskorski (1915–1987) ein angesehener Reisebuchautor. Das touristische Interesse am kleinen Dorf Marcinkowice mag heute verwundern, aber in den 1980er Jahren waren reiselustige Polen zwangsläufig auf das eigene Land beschränkt und die Region um Tuczno (Tütz) galt als beliebtes Urlaubsziel.

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Anmerkungen:

  • 1
    Czesław Piskorski: Marcinkowice – jedna z siedzib rodu Wedlów-Tuczyńskich (Marzdorf – einer der Sitze der Familie Wedel-Tuczyński). In: Jantarowe Szlaki, Kwartalnik Turystiyczno-Krajonznawczy, Województw Północnych, Rok XXIII, Nr. 1 (175), Styczeń-Marzec 1980, S. 33 bis 37.