Regionale Wirtschaft 1935

Vor einiger Zeit veröffentlichte ich an dieser Stelle einen Beitrag über lokale Handels- und Gewerbebetriebe in den Jahren 1904 und 1913, wobei mir Adressbücher des Nürnberger Verlages C. Leuchs & Co. als Quelle dienten. Nun erhielt ich einen Hinweis auf ein Adressbuch des Berliner Klockhaus Verlages aus dem Jahr 19351Klockhaus’ Kaufmännisches Handels- u. Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1a, Berlin 1935., das ebenfalls mehrere Gewerbeadressen aus Brunk, Königsgnade und Lubsdorf enthält. Ein Vergleich der Einträge führt zu interessanten Ergebnissen.

Beginnen wir mit Marzdorf2Ebenda, Seite 953.. Im Adressbuch des Jahres 1904 waren für das Dorf 744 Einwohner ausgewiesen, 1913 waren es 702, im Jahr 1935 ist die Zahl 700 angegeben. Marzdorf hatte ein Post-, Telegrafen- und Fernsprechamt, der nächste Bahnhof lag in Tütz, das zuständige Amtsgericht war in Märkisch Friedland und das zuständige Landgericht in Schneidemühl. Folgende Adressen sind aufgeführt:

BrancheName
GasthofGarske, Leo ✆ 9
GasthofNeumann, Martha
BranntweinbrennereiGeorge, Hugo ✆ 2 (in Alt-Prochnow)
BranntweinbrennereiGrüneisen, Emmy
GärtnereiKlatt, Reinhold
GemischtwarenStarck, Maria
SchmiedeMax, Johannes
SchuhmacherKluck, Franz
StellmacherDonner, Emil
ZiegeleiGeorge, Hugo ✆ 2 (in Alt-Prochnow)

Im Adressbuch des Jahres 1913 waren nur die beiden Gasthöfe und die Brennerei des Ritterguts enthalten. Die Wirtschaftsstruktur des Dorfes hatte sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg offenbar wesentlich entwickelt.

Für das Dorf Brunk waren 1913 308 Einwohner und etliche Betriebe ausgewiesen. Es gab zwei Gasthöfe (Klemens Brieske und Felix Radke), eine Molkerei (Theobald Timm), zwei Schmieden (Wilhelm Lange und Lorenz Schulz), einen Schneider (Franz Sydow), zwei Schuhmacher (Johann Breuer und Johann Dobberstein), einen Stellmacher (H. Stein) und einen Tischler (M. Heymann). Von dieser Vielfalt sind im Jahr 19353Ebenda, Seite 938. nur zwei Adressen verblieben: Die Gasthöfe von Clemens [sic!] Brieske und Felix Radke. Die Einwohnerzahl des Dorfes ist im Adressbuch mit 320 angegeben, der nächste Bahnhof lag in Märkisch Friedland, das zuständige Post-, Telegrafen- und Fernsprechamt in Marzdorf.

Auch für Lubsdorf waren im Adressbuch des Jahres 1913 mehrere Gewerbebetriebe aufgeführt: Ein Gasthaus (Franz Heymann), ein Bienenzüchter (Josef Manthey), ein Gutsbesitzer (August Lange), ein Korbmacher (August Garske), ein Schmied (F. Schulz), ein Schneider (A. Schulz), zwei Schuhmacher (M. Wellnitz und P. Will) und zwei Stellmacher (Johann Schmidt und M. Schulz). Die Einwohnerzahl des Dorfes wurde mit 446 angegeben. Im Adressbuch des Jahres 1935 sind für Lubsdorf 450 Einwohner verzeichnet4Ebenda, Seite 952.; die nachfolgende Tabelle zeigt die aufgeführten Gewerbebetriebe:

BrancheName
GasthofHeymann, Franz
GemischtwarenManthey, Leo
ImkereiNeumann, Johann
SchmiedeSchulz, Gregor
StellmacherSchmidt, Max
StellmacherSchulz, Franz

Das zuständige Post- und Telegrafenamt für Lubsdorf lag ebenso wie der nächste Bahnhof in Tütz. Es gab im Dorf einen öffentlichen Fernsprecher.

Für Königsgnade hatte Leuchs Adressbuch im Jahr 1913 eine Einwohnerzahl von 352 angegeben und einige Gewerbebetriebe aufgeführt: Ein Gasthaus (Johann Rohbeck), eine Schmiede (Franz Schulz), einen Schneider (Martin Berent), einen Schuhmacher (Johann Gehrke), einen Stellmacher (Johann Ganolowske) und zwei Tischler (Paul Neumann und Franz Robeck). Im Jahr 19355Ebenda, Seite 949. war die Einwohnerzahl auf 370 gestiegen und folgende vier Gewerbebetriebe wurden aufgeführt:

BrancheName
GasthofRohbeck, Johann
FahrräderNeumann, Albert
GemischtwarenDrosdowski, Fritz
SchmiedeSchulz, Franz

Das zuständige Post- und Telegrafenamt für Königsgnade lag in Marzdorf, der nächste Bahnhof war in Tütz. Es gab im Dorf einen öffentlichen Fernsprecher.

Es ist nicht einfach, aus Adressbuchdaten konsistente Schlüsse zu ziehen, weil die Bücher immer nur eine mehr oder weniger zufällige Auswahl der Wirtschaftsbetriebe aufführen. Auch im Jahr 1935 fehlen nachweislich einige Betriebe, die aus den Unterlagen des Lastenausgleichs bekannt sind. Das sind für Brunk die beiden Schmieden von Fritz Reinke und Anton Wiese, das ist für Königsgnade die Kartoffel- und Kohlenhandlung von Franz Marx und für Marzdorf die Stellmacherei von Franz Garske. Dennoch scheint es so zu sein, dass sich zwischen 1913 und 1935 die Zahl der lokalen Schneider und Schuhmacher deutlich reduzierte, weil der regionale Konfektionshandel und der überregionale Versandhandel einen günstigeren Einkauf erlaubte. Statt ihrer entstanden nun einzelne Spezialgeschäfte wie der Fahrradhandel von Albert Neumann oder die Gärtnerei von Reinhold Klatt, die gewiss auch über die Ortsgrenzen hinaus Kunden suchten.

Anmerkungen:

  • 1
    Klockhaus’ Kaufmännisches Handels- u. Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1a, Berlin 1935.
  • 2
    Ebenda, Seite 953.
  • 3
    Ebenda, Seite 938.
  • 4
    Ebenda, Seite 952.
  • 5
    Ebenda, Seite 949.

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