Kalixtus von Grabski 1783-1835

Teil 1 – Jugend und Heirat

Der letzte Erbherr der Herrschaft Marzdorf verleitet zu vorschnellen Urteilen. Schon die Zeitgenossen – so der preußische Staatsmann Theodor von Schön – steckten ihn rasch in eine Schublade, in der ihn die Historiker des Deutsch Kroner Landes später endgültig fixierten. Sie alle schlossen vom Namen auf die Nationalität und von dieser auf die Gesinnung, die sie, je nach Standpunkt, negativ oder positiv werteten. Bei diesem Verfahren wurde aus dem letzten Erbherrn des Marzdorfer Guts entweder ein untüchtiger polnischer Gutsherr1K. Hunger: Geschichte des Dorfs Brunk. Semesterarbeit, Beuthen 1936, S. 45. oder aber ein polnischer antipreußischer Patriot2L. Bąk: Ziemia Wałecka w dobie reformacji i kontrreformacji w XVI–XVIII w. [Reformation und Gegenreformation im Deutsch Kroner Land vom 16. bis 18. Jahrhundert]. Piła 1999, S. 18..

Bei näherem Hinsehen ist jedoch schon die erste Stufe der angeblichen Kausalität nicht ganz trittfest. In den – im übrigen ausnahmslos deutschsprachigen – Briefen und Dokumenten, die vom letzten Marzdorfer Erbherrn überliefert sind, ist der Name keinesfalls eindeutig, denn sie weisen die folgenden Unterschriften auf: Im Jahr 1803 Maximilian Joseph Kalixt v. Grabski 3Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7., 1822 Kalixtus v. Grabsky4Dienstbrief für den Schullehrer Johann Neumann vom 17.07.1822, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin, Signatur HA XIV, Rep. 181, Nr. 8839, Seite 142., 1830 K. von Grabsky5Königl. Preußische Regierung zu Marienwerder: Acta das Hospital in Martzdorff betreffend. LDS-Film 008464556, S. 265., 1832 Kalixtus v. Grabski6Brief Grabskis an Friedrich-Wilhelm III., König von Preußen vom 3.04.1832, in: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 67 (Rückseite).. In der Todesnachricht im Deutschen Nekrolog von 1837, die zweifellos von der Familie initiiert war, wird er als Jos. Calixtus Maximil. Grabo v. Grabski7Neuer Nekrolog der Deutschen. [Hrsg.: Bernhard Friedrich Voigt], 13. Jahrgang: 1835, Zweyter Theil, Weimar (Voigt) 1837, S. 1217. bezeichnet. Eine polnische Schreibweise des Namens findet man erst in der Gegenwart; sie hat sich allerdings über das Internet durchgesetzt, wo der Name durchgängig Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski 8So bei S. J. Plewako: Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski. Internetadresse: http://www.grabski.plewako.pl/. Dieser Webseite wurden auch die genealogischen Angaben entnommen, die jedoch auch an anderer Stelle (z.B. https://www.sejm-wielki.pl/) zu finden sind. Plewako ist ein direkter Nachfahr von Kalixtus von Grabski. geschrieben wird.

Todesanzeige im »Neuen Nekrolog der Deutschen«, Januar 1835

Unbestreitbar ist die Herkunft Grabskis aus der polnischen Szlachta; sowohl die Familie seines Vaters als auch die seiner Mutter gehörten einer der Wappengenossenschaften an, die das Geschick der Rzeczpospolita bestimmt hatten. Grabskis Vater war der königlich-polnische Rittmeister Franciszek Ksawery von Grabski (* 1751; † 1785) aus der Genossenschaft der Wczele, seine Mutter war Eleonora geborene Krzycka (* 1751; † 1795) aus dem Verbund der Kotwicz. Kalixtus von Grabski wurde als zweiter Sohn dieser Ehe 1783 auf Schloss Strelitz in Strzelce bei Chodzież (deutsch: Chodziesen, später Kolmar) geboren und am 4. Juni 1783 in der Pfarrkirche in Chodzież getauft. Sein Bruder Onuphrius Antonius von Grabski kam am 24. Februar 1782 zur Welt, war also nur 16 Monate älter. Die Namensgebung für beide Söhne deutet auf eine gewisse Frömmigkeit hin, mag aber im Fall des älteren Bruders vielleicht auch als Hinweis auf ein polnisches Nationalbewusstsein gedeutet werden. Der heilige Onuphrius, der im vierten Jahrhundert in Ägypten lebte, wird bis heute in der Fronleichnamskirche in Posen/Poznań verehrt, die wiederum dem Andenken an den polnischen Sieg über den deutschen Orden in der Schlacht von Tannenberg/Grunwald im Jahr 1410 gewidmet ist9Die Fronleichnamkirche in Poznań (Posen). In: Region Wielkopolska, Internetadresse: https://regionwielkopolska.pl/de/katalog-obiektow/kosciol-pw-bozego-ciala-w-poznaniu/. Der Vorname Kalixst ist hingegen in Polen bis heute verbreitet und leitet sich von drei Päpsten des Namens her.

Stammwappen der Häuser Wczele und Kotwicz

Der Geburtsort der beiden Brüder lag in Preußen, denn Chodziesen gehörte zum Croner Kreis im Netzedistrikt, den Friedrich II. bei der ersten Teilung Polens seinem Königreich angeschlossen hatte. Anton von Krzycki, der Großvater mütterlicherseits und Besitzer der Herrschaft Marzdorf, hatte kurz vor seinem Tod im September 1772 dem preußischen König gehuldigt und den Untertaneneid abgelegt10E. Żerniecki-Szeliga: Geschichte des Polnischen Adels. Hamburg 1905, S. (A) 44..

Eleonora von Krzycka war dreimal verheiratet. Aus der ersten Ehe mit Adam Józef Grudziński (* 1732; † 1779) gelangte sie in den Mitbesitz von Schloss Strelitz, das aber schon 1789 an Christoph von Zacha verkauft wurde. Nach dem Tod von Franciszek Ksawery von Grabski heiratete sie am 19. Oktober 1786 in Mądre (deutsch: Klugen) bei Zaniemyśl (deutsch: Santomischel) Antoni Wyganowski (* 1754). Aus der Pfarrchronik von Marzdorf ist bekannt, dass Wyganowskis Schwester, Kunegunda Świderska, das Gut in Marzdorf zwischen 1794 und 1808 gepachtet hatte11E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 8.. Über die Mutter waren Onuphrius und Kalixtus von Grabski direkte Nachfahren der Familie von Wedel (Wedel-Tuczyński), die seit dem frühen 14. Jahrhundert in Tütz nachweisbar ist.

Im Mai 1803 immatrikulierten sich Onuphrius und Kalixtus von Grabski an der Universität von Halle12Immatrikulation der Brüder v. Grabski …, a. a. O., der damals wohl bedeutendsten preußischen Hochschule. Im Matrikelbuch benannten beide Brüder, die damals 21 und 19 Jahre zählten, »Neustadt« als Herkunftsort und »Maximilian von Grabski in Neustadt/Jabkowo« als ihren Vormund. Gemeint ist damit Neustadt an der Warthe (heute: Nowe Miasto nad Wartą), das etwa zwanzig Kilometer von Mądre entfernt liegt. Das Dorf Jabkowo heißt auf polnisch Jabłkowo und liegt in der Nähe von Gnesen; es gehörte – wie alle aufgeführten Orte – seit der zweiten Teilung Polens im Jahr 1793 zur preußischen Provinz Südpreußen. Maximilian von Grabski (* ca. 1750) war ein Bruder des Vaters und seit 1790 mit Małgorzata Dorpowska verheiratete, deren Familie Jabłkowo gehörte. Als Beruf des Vormunds gaben die beiden Brüder »Kammerherr« an.

Das Matrikelbuch enthält weiter die Angabe, dass Onuphrius und Kalixtus von Grabski in Halle »blos Cameralia zu Ihrem Vergnügen«13Ebenda. studierten und ihr Studium »kommersfrei« gestellt war – sie also nicht an den offiziellen Terminen der Universität teilnehmen mussten. Diese Art von Studium diente ganz offensichtlich nicht einem späteren Broterwerb, sondern der Vorbereitung auf die traditionelle Rolle des Gutsherrn auf ererbtem Besitz.

Es ist unbekannt, wie lange sich Onuphrius und Kalixtus von Grabski in Halle aufhielten. Im Oktober 1806 wurde die Stadt allerdings von den Truppen Napoleons besetzt und der Lehrbetrieb der Universität stark eingeschränkt. Das Hauptgebäude diente als Lazarett. Anfang November brach in der Provinz Südpreußen ein Aufstand gegen den preußischen Staat aus, der sich seit den verlorenen Schlachten von Jena und Auerstedt in einer tiefen Krise befand. Sowohl Neustadt an der Warthe als auch Jabkowo gehörten zum Aufstandsgebiet und – nach dem Erfolg der Erhebung – ab Juli 1807 zum polnischen Staat des »Herzogtums Warschau«, den Napoleon von Dresden aus gegründet hatte. Jan Stanisław Plewako, der auf Notizen seines Vaters Stefan Grabski – eines Enkels von Kalixtus – zurückgreifen konnte, berichtet auf seiner Webseite, Kalixtus von Grabski habe »in der polnischen Armee gedient, in der er 1808 den Rang eines Leutnant erreichte«. Er erwähnt außerdem eine spätere Gefangenschaft in der preußischen Festung Graudenz14Plewako a. a. O..

In der Pfarrchronik von Marzdorf heißt es, dass die Marzdorfer Herrschaft nach dem Tod von Antoni Wyganowski an Onuphrius und Kalixtus von Grabski fiel15Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8.. Diese Darstellung ist nicht stimmig, denn Wyganowski lebte einer Notariatsurkunde zufolge bis mindestens 181116E. H. Nejman: Wypisy z aktów notariuszy szadkowskich 1809-1873 [Auszüge aus den Urkunden der Notare von Szadków]. Zduńska Wola 2014, S. 18.. Im Staatsarchiv von Koszalin wird aber eine Katasterkarte des »zum hochadelichen Gute Marzdorff gehörigen« Dorfes Brunk verwahrt, die 1827 nach Vermessungsunterlagen aus dem Jahr 1805 gezeichnet wurde. Die Vermessung des Dorfes, das »Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn v. Grabski zugehörig« war, geschah damals auf »Verlangen Sr. Hochwohlgeboren des Herrn v. Wiganowski«17Karte von dem zum hochadelichen Gute Marzdorff gehörigen Dorfe Brunk Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn v. Grabski zugehörig, auf Verlangen Sr. Hochwohlgeboren des Herrn v. Wiganowski vermessen im Jahr 1805. Fundort der Quelle: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/55/0/-/7784.. Offenbar war den beiden Brüder ihr Erbe, das 1805 auf 80 000 Taler18Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8. geschätzt wurde, bereits zu Lebzeiten von Antoni Wyganowski zugefallen. Onuphrius und Kalixtus von Grabski beschlossen den Besitz zu teilen; Onuphrius erhielt Stibbe, das er aber schon 1817 an Joseph Gottlieb Körner veräußerte19Onuphrius von Grabski hatte bereits 1806 Anna Brzeska geheiratet, im Jahr 1810 heiratete er in zweiter Ehe Otolia Gorzeńska (* 1790; † 1862). Im Herbst 1821 gehörte er zu den Mitbegründern der Posener Landschaft (siehe: Landschaftliche Kredit-Ordnung für das Großherzogtum Posen. Vom 15ten Dezember 1821. In: Gesetzessammlung für die Königlichen preußischen Staaten, Nr. 20, 1821, Berlin o. J., S. 218-263.) Er starb am 20. Oktober 1827 in Lgów (deutsch: Lugfeld) bei Jarotschin., Kalixtus übernahm Marzdorf mit Brunk, Lubsdorf und den beiden Vorwerken Böthin und Dreetz. Ab 1807 war er Patron der örtlichen Pfarrkirche, ab 1808 wird er auch in den Schultabellen als Patron genannt20Königl. Preußische Regierung Marienwerder: Acta die Schul Tabellen aus der Posenschen Diöcese betreffend [1808], in: LDS-Film 008106931., die Kirchenrechnungen unterzeichnete er jedoch erst ab dem Jahr 181221Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8..

Grabski selbst erklärte 1832, er habe »den Besitz der Marzdorfer vor 27 Jahren«22Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 64. aus der väterlichen Erbschaft angetreten – mithin im Jahr 1807. Damals waren die Güter »ganz unverschuldet«, aber die »drückenden Lasten des Krieges«, die ihn, »an der großen Militairstraße nach Rußland wohnend«23Ebenda., vor vielen anderen Landesleuten betroffen hätten, nötigten ihn bald, die landschaftliche Schuld so weit zu vergrößern, wie es die Verfassung des ritterschaftlichen Kreditinstituts der Westpreußischen Landschaft erlaubte.

Grabskis Engagement für das Herzogtum Warschau wird durch Ludwik Bąk bestätigt, der in den 1970er Jahren im Pfarrarchiv von Marzdorf ein Conceptbuch des Offzials Dalski einsehen konnte, das heute verschollen ist. In diesem Buch fand Bąk das Konzept zu einem Brief Dalskis vom 6. Juni 1807, in dem der Offizial an einen Major Reinhold in Bromberg berichtete, der »Erbe von Marzdorf, Feliks Grabski« habe 14 Rekruten »für die Wiedergeburt des Vaterlandes«24Bąk, Ziemia Wałecka, a. a. O., S. 18 (Fußnote). entsendet, von denen allerdings sechs wieder entflohen. Ob Grabski – dessen Vorname Bąk falsch las – sich selbst ebenfalls zur Armee meldete, geht aus der Darstellung nicht hervor. Da Grabski aber zwischen 1808 und 1812 in den Quellen nicht erwähnt wird, ist Plewakos Schilderung durchaus möglich, zumal sein jugendliches Alter patriotische Schwärmerei sicher begünstigte.

Im Jahr 1814 heiratete Kalixtus von Grabski mutmaßlich in Tütz Emilie Friederike Wilhelmine (genannt Ernestine) von Hartmann, eine Tochter des preußischen Obrist-Lieutenants Johann Friedrich Ludwig von Hartmann und seiner Ehefrau, einer geborenen Fürstin von Lichnowska, die wohl aus mährisch-schlesischem Adel stammte. Die Familie war seit 180225Von 1802 bis 1810 stritt sich Frau von Hartmann aus Tütz mit dem Agenten Gottschalk Helfft in Berlin um einen Betrag von 20 000 Taler. (M. Kohnke: Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer, Band 2, Teil 1, München, 1999, S. 301) und bis mindestens 182926Im Januar 1829 wurde auf Schloss Tütz der Nachlass des Obrist-Lieutnants v. Hartmann, der freilich schon vor 1814 verstorben war, versteigert. (Öffentlicher Anzeiger zum Amtsblatt Marienwerder, 23. Januar 1829, S. 25-26.) Im Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief vom August 1979 heißt es ohne weitere Quellenangabe, die Fürstin Lichnowska geb. Hartmann sei von 1801 bis 1833 im Besitz der Herrschaft Tütz gewesen. (P. Böthin: Geschichtszahlen Neumark-Bitom-Tütz. Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief, August 1979, S. 14.) im Besitz der Herrschaft Tütz.  Nach Plewako war Ernestine von Hartmann »berühmt für ihre Schönheit«, aber weder von ihr noch von Kalixtus von Grabski sind Porträts überliefert, die eine Überprüfung der Aussage erlaubten. Wenig glaubwürdig ist Plewakos Behauptung, bei Ernestine von Hartmann habe es sich um »eine Dame des preußischen Hofes« gehandelt27Plewako a. a. O.. Die Familie, die erst 1803 nobilitiert28L. Freiherr von Ledebour: Adelslexicon der Preußischen Monarchie. Erster Band, A-K, Berlin [1855], S. 322. wurde, findet in den Hof- und Staatskalendern der Zeit keine Erwähnung.

Auf den ersten Blick passt die Heirat mit Ernestine von Hartmann nicht zum Bild Grabskis als eines polnischen Patrioten. Der Vater der Braut war nicht nur preußischer Offizier, sondern auch Protestant und die ganze Familie zeigte eine enge Bindung an den preußischen Staat. Als im Oktober 1806 der Einmarsch von preußischen Freischärlern in Tütz einen Aufruhr auslöste (auf dessen Details hier nicht näher eingegangen werden kann), stellte sich von Hartmann den Aufrührern entgegen und wurde von ihnen »unanständig« gefesselt und für mehrere Tage seiner Freiheit beraubt29H. Seidel, D. Schmidt: Das Reformministerium Stein. Band 3, Berlin 1968, S. 1083.. Im Februar des Hochzeitsjahres 1814 stiftete die verwitwete »Frau Oberstlieutenant von Hartmann, geb. von Lichnowska auf Tütz« zur »Bekleidung bedürftiger [preußischer] Vaterlandsvertheidiger« 22 Paar Socken30Vaterlandsliebe und Wohthätigkeit. Berlinische Nachrichten [Beilage], 31. Mai 1814, S. [1].

Aus der Pfarrchronik von Marzdorf ist bekannt, dass Kalixtus von Grabski die Konfession seiner Ehefrau zumindest akzeptierte und seine Kinder »im Protestantismus erziehen«31Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 9. ließ. Vieles deutet darauf hin, dass er sich nach den Erfahrungen der Kriegsjahre 1808 bis 1813 auch mit dem preußischen Staat arrangiert hatte, der nach dem Sturz Napoleons erneut zur europäischen Großmacht geworden war. So gehörte Grabski am 27. Juli 1815 zu den Mitunterzeichnern einer Petition der Rittergutsbesitzer, Städtevertreter und Rustikalstellenbesitzer des Deutsch Kroner Kreises, die vom preußischen König ein Verbleib des Kreises in der Provinz Westpreußen erbaten32Manfred Laubert: Studien zur Geschichte der Provinz Posen, 2. Band, Posen 1927, S. 31f. – Weitere Unterzeichner waren Landrat v. Germar und die Rittergutsbesitzer v. Arnim, v. Falkenhayn, v. Belville, v. Blankenburg, Kegel, und Krause, die in der Petition betonten, sie seien nach »Herzen und Gesinnung preußisch und deutsch«..

Bei der Heirat zählte Grabski 29 Jahre und war der erste Grundherr seit langer Zeit, der auf dem Marzdorfer Besitz auch seinen Wohnsitz nahm33Nach der Pfarrchronik hatte vor ihm nur seine Großmutter, Franciszka Krzycka, ab 1766 einige Jahre im Dorf gelebt. Ebenda., S. 8.. Hier zeigte er bald eine tatkräftige Wirksamkeit: Im Jahre 1817 zahlte er 2 856 Taler Pfandbriefschulden zurück, die noch vom Krieg her auf dem Gut lasteten.34Acta betr. das auf dem Grabskyschen Gute Marxdorff eingetragene Kapital. In: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 151, Nr. 2476. Im Jahr 1818 stiftete er zwei neue Dorfschulen in Lubsdorf und Brunk, wo bislang keine bestanden hatten, 1819 ließ er die Schule in Marzdorf renovieren und erweitern 35T. Soorholtz: Aus der Schulgeschichte von Marzdorf und Königsgnade. Das Archiv, Heft 2, Juni 2008, S. 1., 1825 veranlasste er die Instandsetzung und Erweiterung der Lubsdorfer Filialkirche Sankt Michael, die 1829 vom Offizial Antonius Perzyński neu konsekriert wurde36J. Korytkowski: Brevis descriptio etc., Gnesen 1888, S. 243..

[→ wird fortgesetzt]

Friedrich August von Sachsen war zugleich Herzog von Warschau. Hier ein Golddukat von 1812.

Anmerkungen:

  • 1
    K. Hunger: Geschichte des Dorfs Brunk. Semesterarbeit, Beuthen 1936, S. 45.
  • 2
    L. Bąk: Ziemia Wałecka w dobie reformacji i kontrreformacji w XVI–XVIII w. [Reformation und Gegenreformation im Deutsch Kroner Land vom 16. bis 18. Jahrhundert]. Piła 1999, S. 18.
  • 3
    Immatrikulation der Brüder v. Grabski am 14.05.1803. In: Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Matrikelbücher 1791-1806, Signatur UAHW, Rep. 46, Nr. 7.
  • 4
    Dienstbrief für den Schullehrer Johann Neumann vom 17.07.1822, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin, Signatur HA XIV, Rep. 181, Nr. 8839, Seite 142.
  • 5
    Königl. Preußische Regierung zu Marienwerder: Acta das Hospital in Martzdorff betreffend. LDS-Film 008464556, S. 265.
  • 6
    Brief Grabskis an Friedrich-Wilhelm III., König von Preußen vom 3.04.1832, in: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 67 (Rückseite).
  • 7
    Neuer Nekrolog der Deutschen. [Hrsg.: Bernhard Friedrich Voigt], 13. Jahrgang: 1835, Zweyter Theil, Weimar (Voigt) 1837, S. 1217.
  • 8
    So bei S. J. Plewako: Kalikst Józef Maksymilian z Grabu Grabski. Internetadresse: http://www.grabski.plewako.pl/. Dieser Webseite wurden auch die genealogischen Angaben entnommen, die jedoch auch an anderer Stelle (z.B. https://www.sejm-wielki.pl/) zu finden sind. Plewako ist ein direkter Nachfahr von Kalixtus von Grabski.
  • 9
    Die Fronleichnamkirche in Poznań (Posen). In: Region Wielkopolska, Internetadresse: https://regionwielkopolska.pl/de/katalog-obiektow/kosciol-pw-bozego-ciala-w-poznaniu/
  • 10
    E. Żerniecki-Szeliga: Geschichte des Polnischen Adels. Hamburg 1905, S. (A) 44.
  • 11
    E. J. Krefft: Aus der Pfarrchronik von Marzdorf. In: Das Archiv, Nr. 6, August 2020. S. 8.
  • 12
    Immatrikulation der Brüder v. Grabski …, a. a. O.
  • 13
    Ebenda.
  • 14
    Plewako a. a. O.
  • 15
    Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8.
  • 16
    E. H. Nejman: Wypisy z aktów notariuszy szadkowskich 1809-1873 [Auszüge aus den Urkunden der Notare von Szadków]. Zduńska Wola 2014, S. 18.
  • 17
    Karte von dem zum hochadelichen Gute Marzdorff gehörigen Dorfe Brunk Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn v. Grabski zugehörig, auf Verlangen Sr. Hochwohlgeboren des Herrn v. Wiganowski vermessen im Jahr 1805. Fundort der Quelle: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/55/0/-/7784.
  • 18
    Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8.
  • 19
    Onuphrius von Grabski hatte bereits 1806 Anna Brzeska geheiratet, im Jahr 1810 heiratete er in zweiter Ehe Otolia Gorzeńska (* 1790; † 1862). Im Herbst 1821 gehörte er zu den Mitbegründern der Posener Landschaft (siehe: Landschaftliche Kredit-Ordnung für das Großherzogtum Posen. Vom 15ten Dezember 1821. In: Gesetzessammlung für die Königlichen preußischen Staaten, Nr. 20, 1821, Berlin o. J., S. 218-263.) Er starb am 20. Oktober 1827 in Lgów (deutsch: Lugfeld) bei Jarotschin.
  • 20
    Königl. Preußische Regierung Marienwerder: Acta die Schul Tabellen aus der Posenschen Diöcese betreffend [1808], in: LDS-Film 008106931.
  • 21
    Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 8.
  • 22
    Brief Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 3. April 1832. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, Blatt 64.
  • 23
    Ebenda.
  • 24
    Bąk, Ziemia Wałecka, a. a. O., S. 18 (Fußnote).
  • 25
    Von 1802 bis 1810 stritt sich Frau von Hartmann aus Tütz mit dem Agenten Gottschalk Helfft in Berlin um einen Betrag von 20 000 Taler. (M. Kohnke: Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer, Band 2, Teil 1, München, 1999, S. 301)
  • 26
    Im Januar 1829 wurde auf Schloss Tütz der Nachlass des Obrist-Lieutnants v. Hartmann, der freilich schon vor 1814 verstorben war, versteigert. (Öffentlicher Anzeiger zum Amtsblatt Marienwerder, 23. Januar 1829, S. 25-26.) Im Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief vom August 1979 heißt es ohne weitere Quellenangabe, die Fürstin Lichnowska geb. Hartmann sei von 1801 bis 1833 im Besitz der Herrschaft Tütz gewesen. (P. Böthin: Geschichtszahlen Neumark-Bitom-Tütz. Deutsch Kroner und Schneidemühler Heimatbrief, August 1979, S. 14.)
  • 27
    Plewako a. a. O.
  • 28
    L. Freiherr von Ledebour: Adelslexicon der Preußischen Monarchie. Erster Band, A-K, Berlin [1855], S. 322.
  • 29
    H. Seidel, D. Schmidt: Das Reformministerium Stein. Band 3, Berlin 1968, S. 1083.
  • 30
    Vaterlandsliebe und Wohthätigkeit. Berlinische Nachrichten [Beilage], 31. Mai 1814, S. [1]
  • 31
    Krefft, Pfarrchronik, a. a. O., S. 9.
  • 32
    Manfred Laubert: Studien zur Geschichte der Provinz Posen, 2. Band, Posen 1927, S. 31f. – Weitere Unterzeichner waren Landrat v. Germar und die Rittergutsbesitzer v. Arnim, v. Falkenhayn, v. Belville, v. Blankenburg, Kegel, und Krause, die in der Petition betonten, sie seien nach »Herzen und Gesinnung preußisch und deutsch«.
  • 33
    Nach der Pfarrchronik hatte vor ihm nur seine Großmutter, Franciszka Krzycka, ab 1766 einige Jahre im Dorf gelebt. Ebenda., S. 8.
  • 34
    Acta betr. das auf dem Grabskyschen Gute Marxdorff eingetragene Kapital. In: GStA PK, Signatur I. HA, Rep. 151, Nr. 2476.
  • 35
    T. Soorholtz: Aus der Schulgeschichte von Marzdorf und Königsgnade. Das Archiv, Heft 2, Juni 2008, S. 1.
  • 36
    J. Korytkowski: Brevis descriptio etc., Gnesen 1888, S. 243.

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