Schulgeschichtliches
Schon im Westpreußischen
Kontributionskataster von 1773 wird eine Schule in Marzdorf
erwähnt. Damals unterrichtete der Lehrer Martin Neumann
im Dorf, ein Witwer mit zwei Söhnen unter zwölf
Jahren. Zur Schule gehörten zwei Morgen Land, der Lehrer
hielt ein Pferd, drei Kühe, vier Schafe und ein Schwein.
Zur damaligen Zeit waren Dorfschulen in den ehemals polnischen
Landesteilen eine Seltenheit. Als Friedrich II. 1772 den
Netzedistrikt besichtigte, fand er auf dem Land gar keine
Schulanstalten vor, weshalb er eine Stiftung von 200 000
Reichstalern zugunsten des Schulwesens einrichtete.
1816 war eine Erweiterung des Marzdorfer Schulgebäudes
erforderlich, denn das alte »wohl 100jährige Schulhaus« reichte
nicht mehr aus. Der Schullehrer hieß Johann Neumann;
in einem Schreiben an die »Hochverordnete Königlich
Westpreußische Regierung« in Marienwerder klagt
er darüber, dass der Schulunterricht im Hause seines
Vaters stattfinden müsse, der eine »eigene Landwirtschaft« im
Dorf hatte.
Über das damalige Schulhaus sind wir durch einen Bericht
des Landratsamtes vom 28. Januar 1817 informiert. Es heißt
dort: »Das Schulgebäude liegt in einer breiten
reinlichen Straße mit dem Giebel nach derselben 300
Schritt von der Kirche; es hat nur eine Stube 19 Fuß lang,
15 Fuß tief, eine Kammer, Küche, geräumigen
Hausflur. Das ganze Haus ist 32 Fuß lang, 24 Fuß tief,
von Fachwerk mit Eichenständen.«
Durch den Umbau wurde die Schulstube
auf eine Länge
von 22 Fuß und eine Breite von 19 Fuß erweitert,
durch einen Anbau an der Giebelseite entstand außerdem »eine
Wohnung für den Schullehrer von 13 Fuß Länge
und 13 Fuß Breite nebst der nötigen Kammer und
Küche«. Die Kosten für den Umbau hatte die
Gemeinde zu tragen, der damalige Gutsbesitzer, Kalixtus von
Grabski, stellte das Bauholz unentgeltlich aus dem herrschaftlichen
Wald zur Verfügung.
Marzdorf war damals ein Dorf von 52 Feuerstellen
und 448 Einwohnern, die Schule wurde jedoch auch von den
Kindern
aus Brunk und Lubsdorf besucht. Insgesamt zählte man
109 Kinder im Alter zwischen sechs und vierzehn Jahren, von
denen aber nur 69 als schulfähig galten, denn – so
gab der Dorfschulze Morowski zu Protokoll – die Kinder
wurden »nur vom 7ten Jahre ab gewöhnlich zu Schule
geschickt, die Kinder vom 13ten Jahre erhalten den Religions-Unterricht
bey dem Herrn Probst und besuchen sodann nicht mehr die Schule.« Nach
einer Aufstellung von Lehrer Neumann nahmen gar nur 45 Kinder
regelmäßig am Schulunterricht teil; »an
meinem Fleiße«, klagt er, »liegt es nicht
die Gesetze zu beobachten, jedoch ist die Gemeinde sehr störrig«.
Im Herbst 1818 wurden in Lubsdorf und Brunk separate Dorfschulen
eingerichtet, die Zahl der Schulkinder in Marzdorf sank dadurch
auf 55 und das Einkommen des Schullehrers musste neu festgesetzt
werden. Nach einer Aufstellung des Deutsch Kroner Landratsamtes
vom 30. Oktober 1818 bezog Schullehrer Neumann insgesamt
ein Einkommen von 96 Talern und 16 Groschen, davon erhielt
er allerdings nur 55 Taler und 16 Groschen an barem Geld,
das Übrige waren Naturalleistungen wie freie Wohnung,
Getreide, Brennholz, Garten- und Wiesennutzung. Zur Schule
gehörten immer noch zwei Morgen Ackerland, außerdem
war Neumann als Küster und Organist tätig und bezog
dafür zusätzlich acht Taler an »Accidentien«.
Das Schulgeld war gestaffelt, die »Einlieger und Professionisten« hatten
zwölf Groschen pro Schüler zu zahlen, die Ackerbauern,
die darüber hinaus Roggen, Erbsen und Gerste liefern
mussten, sechszehn Groschen.
Nicht alle im Dorf waren mit der »Stipulierung des
Lehrereinkommens« einverstanden. In einer Eingabe an
die Königliche Regierung in Marienwerder vom 10. Juli
1820 führten die Einlieger Jacob Radke und Martin Garske
bittere Klage über die ihnen »zu Ungebühr
abgeforderten« Leistungen für den Schullehrer. »Wir
müssen gehorsamst anführen«, heißt
es in ihrem Schreiben, »daß, da unser Schullehrer
eine angemessene Quantität Acker und mehrere Wiesen
besitzt, er sich mehr dem Ackerbau als der Verwaltung des
Schulwesens unterzieht, denn er hat seit Ostern wenig oder
gar keinen Schulunterricht der Jugend gegeben. Geschehen
dieserhalb Beschwerden bei unserem Geistlichen Propst Gramse
und dem Schulvorstande, werden solche mit Gleichgültigkeit
behandelt, weil Propst Gramse ein Mutterbruder unserer Schullehrerin
und der Schulz Morowski ein Schwager des Schullehrers ist.« Weiter
heißt es in dem Brief: »Auch müssen wir
bemerken, daß der Schullehrer Neumann unsere Schüler
so gemißhandelt hat, daß sie mit blutigen Köpfen
aus der Schule entlassen worden und hat er sich bei dieser
grausamen Mißhandlung eines eichenen Flintenladestocks
bedient.«
Als Reaktion auf die Beschwerde beauftragte die Regierung
in Marienwerder den Deutsch Kroner Landrat v. Germar, »die
Amtsführung des Neumann auf das Strengste zu untersuchen
und die Selbstbewirtschaftung des Ackers ihm ein für
allemal zu untersagen.« Eine Änderung der Einkommensfestsetzung
wurde jedoch abgelehnt.
Im Januar 1822 mussten die Schullehrer Neumann aus Marzdorf,
Heimann aus Brunk und Garske aus Lubsdorf eine Eignungsprüfungen
abgelegen, da die Ausbildung der Volksschullehrer in Westpreußen
reformiert worden war. Die Schulen standen unter geistlicher
Oberaufsicht, für die Prüfungen der katholischen
Lehrer im Deutsch Kroner Kreis war Dekan Krieger in Zippnow
zuständig. Alle drei Kandidaten bestanden ihr Examen,
Lehrer Neumann zeigte sich »in Allem zu vollen Zufriedenheit
des Examinators«. Auch der Marzdorfer Pfarrer Busse,
der inzwischen auf Propst Gramse gefolgt war, stellte ihm
ein günstiges Zeugnis aus: »Der Schullehrer Johann
Neumann führt einen moralisch guten Wandel und hat dabei
zureichende Beweise seiner Lehrfähigkeit gegeben«,
attestierte er am 6. Januar 1822. Im Juli 1822 erhielt Neumann
einen neuen »Berufsbrief« des Gutsherren Kalixtus
von Grabski, in dem er ermahnt wurde, gegen das festgesetzte
Einkommen das Lehreramt »mit Treu und Fleiß« zu
verrichten und die »Schuljugend, so weit seine Kräfte
und Kenntnisse es gestatten, in Lesen, Schreiben, Rechnen
und in der Religion sowie in anderen nützlichen Wissenschaften« zu
unterrichten. Neben dem Schuldienst hatte er »den Küsterdienst
zu verwalten« und »sich in und außer seinem
Dienst« so zu betragen, »daß ihm die Achtung
der Gemeinde und das Vertrauen seiner vorgesetzten Behörde
zu Teil werde«. Der Berufsbrief wurde im September
von der Königlichen Kirchen- und Schulkommission in
Marienwerder bestätigt.
Im Februar 1824 befasste sich die Regierung in Marienwerder
erneut mit den Marzdorfer Schulangelegenheiten, denn die
Einwohner des Dorfes Königsgnade hatten in einer Eingabe
die Absicht erklärt, aus dem Marzdorfer Schulverband
auszuscheiden und im Dorf eine eigene Schule einzurichten.
Königsgnade war als Abbau von Marzdorf auf Veranlassung
des Gutsherren von Grabski gegründet worden, der die
Marzdorfer Bauern, die im Zuge der Regulierung der gutsherrlichen
und bäuerlichen Verhältnisse frei geworden waren,
auf die offene Feldmark umgesiedelt hatte, da er einen Gutspark
um das Marzdorfer Schloss herum anlegen wollte. Die »Translokation« von
neunzehn Bauern- und sechs Koßäthenfamilien hatte
im März 1820 begonnnen und zwei Jahre lang gedauert,
die Kosten hatte von Grabski getragen.
Die Einwohner von Königsgnade führten mehrere Gründe
an, um ihrer Forderung nach einer eigenen Schule Nachdruck
zu verleihen. So schrieben sie, Königsgnade sei »von
Martzdorff eben so weit entfernt wie Lubsdorff und Brunck«,
welche beiden Dörfer im Jahre 1818 »durch ein
Königliches Landraths-Amt executivisch angehalten« wurden,
in »jedem Dorf eine neue Schule anzulegen«. Die
Entfernung zur Marzdorfer Schule betrage »eine halbe
Meile«, der Weg dorthin sei schlecht und »zwei
Brüche liegen an der Straße, wo uns die kleinen
Kinder ertrinken können«. Weiter heißt es,
die Dorfbevölkerung sei »durch die Translokation
so weit heruntergekommen, daß wir nicht im Stande sind,
unseren kleinen Kindern Stiebeln zu kaufen« und so
würden die Kinder »bey Frost im Winter ganz verfrieren
und dieses können wir Väter und Mütter nicht
verantworten.« Die Eingabe endet mit der verblüffenden
Feststellung, die neue Schule sei »schon errichtet«,
bloß »Fang und Dach« fehlten noch.
Einen Gegner fanden die Königsgnader
im Marzdorfer Schullehrer Neumann, der als Antwort formulierte: »Ich
würde
durch die Anstellung eines besonderen Lehrers in Königsgnade
in meinem bestätigten Gehalt geschmälert werden,
weil nur die bäuerlichen Wirthe vermögen das Schulgeld
zu bezahlen, und eben diese befinden sich in Königsgnade.
Die in Marzdorff zurückgebliebenen drei bäuerlichen
Wirthe, drei Koßäthen, ein drittel Hüfner
nebst Büdnern und Hausieren können nur als der
geringere Teil der Gemeinde angesehen werden, weil letztere
in der äußersten Armut leben und nicht in dem
Stande sind, den festgesetzten Betrag zum Schullehrergehalt
zu leisten.«
Unterstützt wurde Neumann von Gutsbesitzer von Grabski,
der sich zu dieser Zeit bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten
befand und warnte, er müsse seinem »Gut neue Lasten
aufbürden«, weil die Marzdorfer allein »das
Schul- und Küsterhaus nicht im baulichen Stande« erhalten
könnten.
Eine ambivalente Haltung nahm Pfarrer Busse ein, der einerseits
im März 1825 schrieb, seiner Ansicht nach sei eine Schule
in Königsgnade erforderlich, weil »die Entfernung
dieses Dorfes von der Schule in Marzdorf und der nasse und
modrige Weg« dorthin »bei der feuchten Herbstwitterung
Hindernisse sind, wodurch Schulversäumnisse veranlaßt
werden. Kinder von sechs oder sieben Jahren, wie auch ältere,
deren Fußbekleidung nur in Strümpfen und Holzpantoffeln
besteht, können diesen Weg in der nassen Jahreszeit
nicht zurücklegen.« Aus diesem Grunde, so fährt
der Pfarrer fort, seien die Kinder aus Königsgnade in
der Vergangenheit »in den Herbst- und Wintermonaten
bis tief in den Februar fast ganz zurück und ohne allen
Unterricht geblieben.«
Andererseits fand auch Schullehrer Neumann
bei Pfarrer Busse Unterstützung. In einem anderen
Brief heißt es: »Die
Anstellung eines Schullehrers in Königsgnade [wird]
das Einkommen des Küsters und Organisten in Marzdorf
für die Zukunft gefährden.« Wenn die Gemeinde
in Königsgnade die Unterhaltsleistungen für den
Schullehrer nicht mehr zu tragen hätte, »so würde
die Kirche wegen des so sehr herunter gesetzten Gehalts ohne
zweckmäßige Bedienung bleiben«. Der »übliche
Gottesdienst« werde in Marzdorf »mit einer Feierlichkeit
begangen, die auf dem Lande selten ist«, zu diesem
Zweck sei die Kirche mit einer Orgel versehen und der Marzdorfer
Schullehrer müsse »zugleich Organist« sein.
Der Streit um die Schule endete im März
1826 vor dem Kreisgericht in Märkisch Friedland, wo
die Königsgnader
gemeinsam zu Protokoll gaben, sie würden auch in Zukunft
zum Unterhalt des Marzdorfer Schullehrers und Küsters
Neumann und zur »Erhaltung des dortigen Schulgebäudes« einen
Beitrag leisten. In derselben Gerichtssitzung wurde auch
das Gehalt des in Königsgnade anzustellenden Schullehrers
festgelegt, es belief sich auf 75 Taler und 2 Pfennige, wovon
aber nur 16 Taler und 20 Groschen an barem Geld bezahlt werden
sollten. Die Schulstelle in Königsgnade wurde mit drei
Morgen Ackerland verbunden, außerdem sagten die Einwohner
des Dorfes die Lieferung von Torf und Holz als Brennmaterial,
von Roggen, Gerste und Erbsen, freie Wohnung, Stallung und
Hütung zu. Am 24. April 1826 wurde die Einkommensfestsetzung
vom Deutsch Kroner Landrat v. Germar genehmigt.
Trotzdem dauerte es noch ein dreiviertel Jahr bis Franz Erpenstein
im Februar 1827 den Schulunterricht in Königsgnade aufnehmen
konnte. Erpenstein war der Wunschkandidat der Königsgnader,
er stammte aus einer Tützer Ackerbürgerfamilie
und hatte das Königliche Schullehrerseminar in Graudenz
besucht, dass im Zuge der preußischen Volksschulreform
erst wenige Jahre zuvor neu eingerichtet worden war. Im Juli
1823 legte er in Graudenz sein Examen ab und arbeitete danach
als Hilfslehrer in Tütz.
Franz Erpenstein blieb 47 Jahre lang Schullehrer
in Königsgnade;
er zeichnete sich besonders durch ein hervorragendes musikalisches
Talent aus, spielte Klavier, Geige, Flöte und Klarinette.
Geboren war Erpenstein 1807, gestorben ist er im September
1883 in Königsgnade, sein älterer Bruder Andreas
war von 1834 bis 1845 Pfarrer in Mellentin. Bei seiner Pensionierung
im Jahre 1874 erhielt er für seine Verdienste den Königlichen
Hohenzollerschen Hausorden.
Auf Erpenstein folgte in Königsgnade Lehrer Hoppe, über
dessen Wirken leider keine Unterlagen vorhanden sind. Sein
Nachfolger wurde im Jahr 1918 Paul Rohbeck, der 1891 in Tütz
geboren war und seine Lehrerausbildung auf dem Präparanden-Seminar
in Deutsch Krone erhalten hatte. Rohbeck hat einen kurzen
Lebenslauf hinterlassen, in dem es heißt: »In
Königsgnade war ich vom 1. Oktober 1918 bis zum 1. Mai
1929 zuerst als alleiniger, dann später als erster Lehrer
tätig. Dort verlebte wir, meine Frau Maria und ich,
die schönsten Jahre unseres Lebens. Das Anfangsgehalt
betrug 66 Mark und stieg später auf 93 Mark monatlich.
Die Inflationszeit ging spurlos vorüber, da wir 11 Morgen
guten Acker, die zur Lehrerstelle gehörten, bewirtschaften
konnten und alles von der Schlagsahne bis zum selbst geräucherten
Schinken im Hause hatte. In Königsgnade lagen die Häuser,
immer ein großer Garten dazwischen, zu beiden Seiten
einer lang und sehr breit angelegten Straße. Man nannte
das Dorf ›Königsgnade‹, weil die Bauern
durch die Gnade des Königs vom Rittergut in Marzdorf
freigeworden waren. Ich hatte die Ehre, aber auch die Arbeit,
die groß angelegte und durchgeführte 100jährige
Jubiläumsfeier der Gemeinde im Sommer 1920 zu leiten.« – Paul
Rohbeck war ab 1929 als Hauptlehrer und Organist in Freudenfier
tätig, er ist am 28. März 1970 in Kläden,
Kreis Stendal, verstorben.
Die Schulstelle in Königsgnade wurde
im Herbst 1929 von Lehrer Otto Pfeiffer übernommen,
der zuvor an der Schule in Knakendorf unterrichtet hatte.
Pfeiffer war 1893
geboren und hatte sein Examen 1914 am Schullehrerseminar
in Thorn abgelegt. Er blieb bis zum Kriegsende alleiniger
Lehrer in Königsgnade, wurde dann von den Russen verschleppt
und gefangen gehalten. Nach dem Krieg lebte er in Ronshausen
im Kreis Rotenburg an der Fulda.
Unter Lehrer Pfeiffer wurde 1932 ein neues
einklassiges Schulgebäude mit Zentralheizung und Sportplatz
in Königsgnade eingeweiht. Die neue Schule hatte ein
großes und helles Klassenzimmer, Hauswirtschaftsräume
und eine Lehrküche. Die Toiletten für die Schüler
befanden sich in einem Nebengebäude im Hof und waren
an kalten Wintertagen häufig eingefroren.
Neben Otto Pfeiffer unterrichtete in den
ersten Jahren Franz Heymann aus Brunk, der in Königsgnade
1929 die Zweite Lehrerprüfung abgelegt hatte. Heymann
starb im Alter von 35 Jahren 1936 als Lehrer in Knakendorf. – In
der alten Schule wurden nach 1933 Reichsarbeitsdienstler
und noch später französische Kriegsgefangene untergebracht,
nach 1945 wurde das Gebäude abgebrochen. Die neue Schule
steht bis heute, dient aber nur noch als privates Wohnhaus,
denn die Kinder aus Jamienko – wie Königsgnade
heute heißt – gehen in Marzdorf (Marcinkowice)
zur Schule. —
Auch in der Marzdorfer Schulchronik klafft
eine Lücke, denn die Nachfolger von Lehrer Johann
Neumann, der noch 1858 als »Emeritus« – d.
h. als Ruheständler – im Dorf lebte, sind unbekannt.
In jenem Jahr 1858 zählte man 101 schulpflichtige
Kinder in Marzdorf, von denen 85 der katholischen und 16
der evangelischen Konfession angehörten. Ein Versuch
von Franz Guenther, der inzwischen das Marzdorfer Rittergut
erworben hatte, eine evangelische Schule im Ort zu etablieren,
scheiterte am Widerstand der katholischen Bevölkerungsmehrheit,
die nicht bereit war, eine Minderung der Patronatsleistungen
für die katholische Schule hinzunehmen.
In einem Schreiben an die preußische Regierung vom
23. Februar 1858 hatte sich Guenther erboten, in einem »herrschaftlichen
Hause zu Boethin, welches von Marzdorf eine kleine halbe
Meile entfernt liegt«, eine Schulstube und eine Wohnung
für den evangelischen Schullehrer einzurichten, der
außerdem »so lange er unverheirathet ist, ganz
freie Station« bei einem Gutsbeamten haben sollte.
Der Gutsbesitzer wollte auch für die Anschaffung der
nötigen Lehrmittel sorgen und »die erforderliche
Geldsumme, welche zur Gründung und Erhaltung dieses
Schulzustands für Gegenwart und Zukunft unerläßlich
ist«, bereitstellen.
Als Gegenleistung verlangte er, von der Anfuhr des Schulholzes
für die katholische Schule und der Zahlung des Holzschlagelohns
entbunden zu werden. Der Streit über diese Leistungen,
die erst seit 1822 auf dem Rittergut lasteten, zog sich
bis ins Jahr 1869 hin – endlich entschied die Staatsregierung,
Guenther könnten die »ihm obliegende Verpflichtung
nicht abgenommen werden […], weil dem die gesetzlichen
Vorschriften zuwider« seien. —
Ab Oktober 1906 unterrichtete im Dorf der Schullehrer Martin
Wiese, der auch lange Jahre als Jugendpfleger im Ort tätig
war. Der 1876 geborene Wiese hatte sein Examen 1897 im
westpreußischen Berent bei Danzig abgelegt. Er starb
in Marzdorf am 15. Oktober 1942.
Aus den Erinnerungen von Paul Rohbeck wissen
wir, dass die Schullehrerstelle in Marzdorf höher
dotiert war als die in Königsgnade, aber »mit
täglichem Organistendienst
und der Posthilfsstelle« verbunden. Es gingen dort »Leute
und Briefträger ein- und aus, es galt, Tag und Nacht
die Telefonanrufe zu verbinden«. Der Lehrer in Königsgnade
war hingegen nur als Standesbeamter nebenberuflich tätig.
(Aus dem »Deutsch Kroner
Heimatbrief«, März u. April
2008, überarbeitete Version) |